Deutscher Gewerkschaftsbund

14.11.2011

DGB für Weiterentwicklung des Landesgleichstellungsgesetzes Brandenburg

In der Debatte um die Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes Brandenburg (LGG) hat der DGB die im Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie entwickelten positiven Veränderungsvorschläge begrüßt. An einzelnen Punkten wie z.B. der Erweiterung der Ausschreibungspflicht, der Beteiligung bei Beurteilungen und dem effektiven Rechtsschutz fordert der DGB weitergehende Änderungen.

Zu § 3 LGG Begriffsbestimmungen

Schon das bisherige LGG sieht vor, dass für die Schulen die Staatlichen Schulämter Dienststellen im Sinne des Gesetzes sind. Wir schlagen vor, die einzelne Schule als Dienststelle im Sinne des Gesetzes festzulegen. Mit zunehmender Autonomie der Schulen werden zahlreiche gleichstellungsrelevante Entscheidungen vor Ort an der Schule getroffen. Daher sollten auch die gleichstellungsrechtlichen Maßnahmen dort ansetzen.

§ 4 Absatz 3 LGG-E: Auslegung des Begriffs „Führungspositionen“

Wir begrüßen, dass die Definition von Unterrepräsentanz (§ 4 Absatz 3 LGG-E) sich nun nicht mehr bloß auf Besoldungs- und Entgeltgruppen beziehen soll, sondern auch auf Führungspositionen. Wir fürchten jedoch, dass der Begriff „Führungspositionen“ in der Praxis zu eng ausgelegt werden könnte, auch wenn die Begründung des Gesetzesentwurfes dem entgegen steht. Dort heißt es:

„Das Merkmal „Führungspositionen“ orientiert sich unter anderem an § 31 Absatz 2 Tarifvertrag der Länder. Danach sind Führungspositionen die ab Entgeltgruppe 10 zugewiesenen Tätigkeiten mit Weisungsbefugnis. Die Bewertung einer Führungsposition ist aber je nach Hierarchieebene in der Verwaltung unterschiedlich. Dazu gehören beispielsweise die Abteilungsleitung, Referatsleitung, Amtsleitung, Dezernatsleitung und auch die Gruppenleitung. Der Begriff „Führungsposition“ ist behördenspezifisch auszulegen.“

Eine zu enge Auslegung des Begriffs „Führungsposition“ wird u.a. durch die Formulierung des § 9 Absatz 1 (neu) begünstigt, dort heißt es:

„bis der Anteil der Frauen […] in der Ebene der Führungsposition mindestens 50 vom Hundert beträgt.“

Dies kann dahingehend missverstanden werden, es gebe nur eine, oberste Ebene der Führungsposition.

Um den Begriff der „Führungsposition“ in der Rechtsanwendung handhabbarer zu machen müsste unseres Erachtens zumindest in § 3 Abs. 3 ein weiterer Satz zur Klarstellung angefügt werden:

„Führungspositionen umfassen insbesondere Vorgesetzten- und Leitungsfunktionen.“

Damit wäre der Begriff nicht abschließend definiert und weiterhin fortentwicklungsfähig.

§ 6 Absatz 2 Nummer 1 LGG-E

Wir regen an, den Anteil der in der Dienststelle beschäftigten Frauen und Männer auch gesondert nach Funktionsstellen zu erheben. Denn die neu einzuführende mindestens landesweit interne Ausschreibungspflicht für Funktionen (§ 7 Abs. 1 LGG-E) knüpft an eine Unterrepräsentanz von Frauen an. Eine vorherige Erhebung einer Unterrepräsentanz in Funktionen würde die Entscheidung über die Ausschreibungspflicht auf eine solide Basis stellen.

§ 7 Absatz 1 LGG-E

Wir begrüßen die vorgesehene Ausweitung der Ausschreibungspflicht auf Funktionen. Ebenso begrüßen wir die Ausdehnung auf die vorläufige Übertragung von Stellen als wegweisend, denn oft sind solche vorläufigen Maßnahmen für die spätere Stellenbesetzung faktisch entscheidend. Wir regen an, nicht nur die vorläufige Übertragung einer Stelle, sondern auch eine vorläufige Übertragung einer Funktion einzubeziehen.

Wir kritisieren jedoch, dass in Bereichen mit Unterrepräsentanz nur noch landesweit intern ausgeschrieben werden soll. Zumindest eine Lösung wie in Berlin halten wir für angemessen, wo § 5 Absatz 1 Satz 2 LGG Berlin eine öffentliche Ausschreibung ab Besoldungsgruppe A 9 bzw. der entsprechenden tarifvertraglichen Regelung vorsieht.

§ 9 Absatz 1 (neu) LGG-E

Der DGB begrüßt die Einführung der Entscheidungsquote ausdrücklich. Wir treten dafür ein, die Entscheidungsquote auch dann anzuwenden, wenn eine Unterrepräsentanz bei einer Funktionsstelle besteht. So sieht es auch § 8 Abs. 1 LGG Berlin vor. Gleichzeitig möchten wir anregen, einer zu engen Auslegung des Begriffs „Führungsposition“ vorzubeugen. Wir schlagen folgende Einfügungen vor:

„Frauen […] sind […] solange […] bevorzugt einzustellen und zu befördern bis der Anteil der Frauen […] in der jeweiligen Ebene der Führungsposition und Funktionsstelle mindestens 50 vom Hundert beträgt.

Die Bekleidung bestimmter Funktionsstellen ist regelmäßig Voraussetzung für die Übernahme einer Führungsposition. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen lässt sich daher unseres Erachtens nur effektiv erhöhen, wenn auch für die Erhöhung des Frauenanteils in Funktionsstellen, die keine Führungsposition darstellen, rechtliche Werkzeuge bereitstehen. 

§ 22 Absatz 1 LGG-E

Wir begrüßen die Stärkung der Funktion der Gleichstellungsbeauftragten ausdrücklich. Unseres Erachtens kann die Formulierung „bei allen […] Angelegenheiten […] mit Auswirkung auf die Gleichstellung von Frauen jedoch zu Missverständnissen führen. Die frühere Berliner Regelung (dort hieß es „bei allen die weiblichen Dienstkräfte betreffenden […] Maßnahmen“) führte dazu, dass in der Praxis beispielsweise die Gewährung von Leistungszulagen an männliche Beschäftigte nicht der Frauenbeauftragten vorgelegt wurde mit der Begründung, dies betreffe keine Frau. Wurde dann bei der Ablehnung einer Leistungszulage für eine weibliche Beschäftigte darauf verwiesen, es stünden keine Mittel mehr zur Verfügung, lief die Beteiligung der Frauenbeauftragten an dieser Ablehnung nur noch ins Leere. Diese Beschränkung im Berliner LGG ist inzwischen gänzlich gestrichen worden. Zwar ist die im vorliegenden Entwurf vorgeschlagene Formulierung „Auswirkung“ weiter gefasst, doch auch sie bietet unseres Erachtens noch zu viel Raum für Fehlinterpretationen. Letztlich kann die Frage, wann eine Auswirkung auf die Gleichstellung vorliegt, erst nach einer Prüfung durch die Gleichstellungsbeauftragte beantwortet werden und genau diese Frage wird oft ein Streitpunkt sein. Wir fordern daher, die Formulierung „mit Auswirkung auf die Gleichstellung von Frauen“ im Entwurf zu streichen.

§ 22 Absatz 1 Nummer 7 LGG-E

Wir begrüßen die Einführung der neuen Ziffer 7. Wir halten an unserer Forderung fest, auch die einzelne Beurteilung selbst hier aufzuführen, wie dies auch im neuen LGG des Landes Berlin vorgesehen ist. Eine solche Erweiterung stellt die zwingende Folge der durch die Rechtssprechung gewachsenen Bedeutung der Beurteilung bei der Entscheidung über Stellenbesetzungen dar. Wir wissen, dass dienstliche Beurteilungen Karrieren befördern oder behindern. In der Diskussion zur Erstellung der Stellungnahme wurde deutlich, dass Frauen oftmals schlechter beurteilt werden. Ein Beispiel: Insbesondere Frauen sind in Teilzeit beschäftigt, ein Kriterium welches sich negativ auf eine Beurteilung auswirken kann. Die Erweiterung des § 22 Absatz 1 Nummer 7 um die Beteiligung an dienstlichen Beurteilungen trägt wesentlich zur Transparenz in diesen Verfahren bei sowie zum Abbau mittelbarer Diskriminierungen.

Damit ist auch kein übermäßiger Verwaltungsaufwand verbunden. Seit 1.1.2011 gibt es mit der neuen Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern über die dienstliche Beurteilung der Beamten im Landesdienst (BeurtVV) keine Pflicht mehr zu einer Regelbeurteilung. Die Zahl der Beurteilungen geht dadurch drastisch zurück, so dass die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten auch in praktischer Hinsicht ohne Weiteres gewährleistet werden kann.

§ 22 Absatz 5 Satz 1 LGG-E

Die Aufnahme des „aktiven“ Teilnahmerechts auch an Führungsklausuren begrüßen wir ausdrücklich. Wir sprechen uns jedoch gegen die Änderung des zweiten Halbsatzes und für dessen Streichung aus. Zwar begrüßen wir, dass der Gesetzentwurf eine Prozessorientierung aufweißt und bereits eine Teilnahme im Vorbereitungs- und Planungsstadium ermöglichen soll. Jedoch ist die Formulierung „dienen“ gegenüber der derzeitigen Formulierung „betreffen“ zu eng und erfasst nur solche Veranstaltung, die zielgerichtet auf bestimmte Maßnahmen ausgerichtet sind, nicht jedoch solche Maßnahmen bloß mittelbar nach sich ziehen können.

§ 23a Absatz 2 LGG-E

Für begrüßen die Einführung des § 23a LGG-E nachdrücklich. Jedoch sollte im Interesse einen effektiven Rechtsschutz unseres Erachtens die aufschiebende Wirkung der Anrufung des Gerichts nicht ausgeschlossen werden. § 23a Absatz 2 Satz 2 LGG-E sollte gestrichen werden.

§ 24 Absatz 4 (neu) LGG-E

Wir begrüßen die Einführung dieser Schutzvorschrift. § 47 Absatz 2 Satz 2 PersVG Bbg schützt unter bestimmten Voraussetzungen auch vor Umsetzungen. Zur Klarstellung regen wir an, auch die Umsetzung in die Aufzählung in § 24 Absatz 4 (neu) LGG-E aufzunehmen.


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