Alle Beamtinnen und Beamten in Berlin haben das Recht auf eine verfassungsgemäße Besoldung – nicht nur die Richterinnen und Richter. Ein „Besoldungs-Reparaturgesetz“ des Senats müsse deshalb alle Besoldungsgruppen einbeziehen, nicht nur die R-Besoldung, fordert der DGB.
In einem Spitzengespräch mit dem Gewerkschaftsbund Anfang November kündigte der Finanzsenator an, Anfang 2021 ein Besoldungsnachzahlungsgesetz auf den Weg zu bringen – das Bundesverfassungsgericht hatte von Berlin verlangt, die Besoldung auf ein verfassungsgemäßes Niveau anzuheben und entsprechende Nachzahlungen zu leisten. Diese Nachzahlungen will der Senat offensichtlich auf das Nötigste begrenzen und dabei vor allem auf die Richterbesoldung schauen, die den Anlass für den Beschluss des Verfassungsgerichts gegeben hatte.
Für den DGB ist dagegen klar: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungswidrigkeit nicht zuletzt aus der Feststellung abgeleitet, dass die unterste Besoldungsstufe (A 4) zu niedrig angesetzt war. Es ist daher unverzichtbar, das gesamte Besoldungsgefüge auf den Prüfstand zu stellen und nicht nur die Besoldung der Richterinnen und Richter. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Berliner Gesetzgeber hierfür eine klare Handlungsanleitung vorgegeben. Damit ist die Rechtslage klar – die Erwartungen der Beamtinnen und Beamten auch.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Mai 2020 die Berliner Richterbesoldung in den Jahren 2009 bis 2015 für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Korrektur bis Juli 2021 gesetzt (Aktenzeichen: 2 BvL 4/18). Das Gericht stellte für die Richterbesoldung den Verstoß gegen drei von fünf Parametern fest, die das Gericht in seiner Rechtsprechung über die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung entwickelt hat. Mit dem Verstoß gegen diese drei Parameter (Entwicklung der Besoldung im Vergleich zur Entwicklung von Nominallohnindex, Verbraucherpreisindex und Tarifentwicklung) sei die Verfassungswidrigkeit der Besoldung bereits zu vermuten.
Zusätzlich hatte sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich mit dem Abstandsgebot der untersten Besoldung zur sozialen Grundsicherung beschäftigt (vierter Parameter). In dem Beschluss machten die Richter deutlich: „Der gebotene Abstand zum Grundsicherungsniveau wurde durchgehend für die jeweils unterste Besoldungsgruppe bei weitem unterschritten“ (Beschluss des BVerfG vom 4. Mai 2020, Rdn. 140). Für das Gericht hat dies weitreichende Folgen für die Berliner Besoldungsordnungen: „Ein Verstoß gegen dieses Mindestabstandsgebot betrifft insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Gesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist“ (Beschluss des BVerfG vom 4. Mai 2020, Leitsatz Nr. 5).
Um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes rechtlich zu bewerten, ist der DGB auch mit Kollegen des Berliner Richterbundes im Gespräch. Berechnungen der Experten des Richterbundes belegen, dass sich die notwendigen Anpassungen in der untersten Besoldungsgruppe A 4 auf das Besoldungsgefüge insgesamt massiv auswirken. Damit der rechtlich gebotene Abstand zwischen den Besoldungsgruppen gewahrt bleibt, müssten auch die jeweils nächst höheren Besoldungsgruppen angehoben werden. Die Anhebungen in der Besoldungsgruppe A 4 seien so erheblich, dass sich dieser Effekt bis zur Besoldung im höheren Dienst fortsetzte.