Deutscher Gewerkschaftsbund

05.11.2020
Berlin

DGB zu den Plänen des Senats: Nicht nur Richterinnen und Richter müssen verfassungsgemäß besoldet werden – sondern alle Beamtinnen und Beamten in Berlin

Alle Beamtinnen und Beamten in Berlin haben das Recht auf eine verfassungsgemäße Besoldung – nicht nur die Richterinnen und Richter. Ein „Besoldungs-Reparaturgesetz“ des Senats müsse deshalb alle Besoldungsgruppen einbeziehen, nicht nur die R-Besoldung, fordert der DGB.

In einem Spitzengespräch mit dem Gewerkschaftsbund Anfang November kündigte der Finanzsenator an, Anfang 2021 ein Besoldungsnachzahlungsgesetz auf den Weg zu bringen – das Bundesverfassungsgericht hatte von Berlin verlangt, die Besoldung auf ein verfassungsgemäßes Niveau anzuheben und entsprechende Nachzahlungen zu leisten. Diese Nachzahlungen will der Senat offensichtlich auf das Nötigste begrenzen und dabei vor allem auf die Richterbesoldung schauen, die den Anlass für den Beschluss des Verfassungsgerichts gegeben hatte.

Für den DGB ist dagegen klar: Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungswidrigkeit nicht zuletzt aus der Feststellung abgeleitet, dass die unterste Besoldungsstufe (A 4) zu niedrig angesetzt war. Es ist daher unverzichtbar, das gesamte Besoldungsgefüge auf den Prüfstand zu stellen und nicht nur die Besoldung der Richterinnen und Richter. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Berliner Gesetzgeber hierfür eine klare Handlungsanleitung vorgegeben. Damit ist die Rechtslage klar – die Erwartungen der Beamtinnen und Beamten auch.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Mai 2020 die Berliner Richterbesoldung in den Jahren 2009 bis 2015 für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Korrektur bis Juli 2021 gesetzt (Aktenzeichen: 2 BvL 4/18). Das Gericht stellte für die Richterbesoldung den Verstoß gegen drei von fünf Parametern fest, die das Gericht in seiner Rechtsprechung über die Verfassungsmäßigkeit der Besoldung entwickelt hat. Mit dem Verstoß gegen diese drei Parameter (Entwicklung der Besoldung im Vergleich zur Entwicklung von Nominallohnindex, Verbraucherpreisindex und Tarifentwicklung) sei die Verfassungswidrigkeit der Besoldung bereits zu vermuten.

Zusätzlich hatte sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich mit dem Abstandsgebot der untersten Besoldung zur sozialen Grundsicherung beschäftigt (vierter Parameter). In dem Beschluss machten die Richter deutlich: „Der gebotene Abstand zum Grundsicherungsniveau wurde durchgehend für die jeweils unterste Besoldungsgruppe bei weitem unterschritten“ (Beschluss des BVerfG vom 4. Mai 2020, Rdn. 140). Für das Gericht hat dies weitreichende Folgen für die Berliner Besoldungsordnungen: „Ein Verstoß gegen dieses Mindestabstandsgebot betrifft insofern das gesamte Besoldungsgefüge, als sich der vom Gesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für die Besoldungsstaffelung als fehlerhaft erweist“ (Beschluss des BVerfG vom 4. Mai 2020, Leitsatz Nr. 5).

Um den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes rechtlich zu bewerten, ist der DGB auch mit Kollegen des Berliner Richterbundes im Gespräch. Berechnungen der Experten des Richterbundes belegen, dass sich die notwendigen Anpassungen in der untersten Besoldungsgruppe A 4 auf das Besoldungsgefüge insgesamt massiv auswirken. Damit der rechtlich gebotene Abstand zwischen den Besoldungsgruppen gewahrt bleibt, müssten auch die jeweils nächst höheren Besoldungsgruppen angehoben werden. Die Anhebungen in der Besoldungsgruppe A 4 seien so erheblich, dass sich dieser Effekt bis zur Besoldung im höheren Dienst fortsetzte.


Nach oben

Bezirks-Newsticker

Themenverwandte Beiträge

Artikel
DGB-Besoldungskarten für Berlin und Brandenburg neu aufgelegt
Nach schwierigen Tarifverhandlungen verständigten sich die Tarifvertragsparteien im Dezember 2021 auf ein Ergebnis, das eine Entgelterhöhung um 2,8 Prozent zum 1. Dezember 2022 vorsah, sowie eine steuerfreie Corona-Sonderzahlung in Höhe von 1.300 Euro. Der DGB hatte sich dafür stark gemacht, dass das Tarifergebnis zeit- und wirkungsgleich auf den Beamtenbereich übertragen wird. weiterlesen …
Pressemeldung
Über eine ½ Million Beschäftigte in Berlin und Brandenburg profitieren vom höheren Mindestlohn
Knapp 570.000 Beschäftigte in Berlin und Brandenburg profitieren davon, dass der gesetzliche Mindestlohn am 1. Oktober auf 12 Euro steigt. Gleichwohl könne der Mindestlohn immer nur die unterste Haltelinie sein, sagt Nele Techen und betont, wie wichtig eine ordentliche Tarifbindung und anständige Tariflöhne sind. Am 28.9. informiert der DGB bundesweit auf Bahnhöfen und Plätzen über das Recht auf Mindestlohn. Zur Pressemeldung
Pressemeldung
Mehr Tarifbindung, gute Ausbildung, bezahlbares Wohnen: DGB misst künftige Koalition an Taten für die Arbeitenden
„Gute Arbeit und Ausbildung für alle, flankiert von bezahlbarem Wohnen und erschwinglichen Preisen für Bus und Bahn bringen Wohlstand für Berlin.“ Dies gibt die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Katja Karger, den künftigen Koalitionären in der Hauptstadt auf den Weg. „Wir werden die neue Landesregierung an ihren Taten für die arbeitenden Menschen messen, denn sie sorgen für die Wirtschaftskraft dieser Stadt“, sagt Karger. Zur Pressemeldung