Am 7. Oktober 2016 fand in Slubice (Polen) die außerordentliche Konferenz des IGR Viadrina statt. Sie ist das höchste Gremium des Interregionalen Gewerkschaftsrates und setzt sich aus Delegierten aus Berlin-Brandenburg und Woiwodschaft Lubuskie zusammen. Darüber hinaus nahmen zahlreiche Gäste aus den beiden Ländern teil.
Da der IGR in diesem Jahr 20 Jahre alt wurde, stand auch ein Rückblick auf die schon geleistete Arbeit an. Davon ausgehend beriet die Konferenz, wie die Zusammenarbeit vertieft werden kann. Im Mittelpunkt der Konferenz stand ein intensiver Austausch über das Thema "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ sowie die Aufnahme der OPZZ Lubuskie in den Interregionalen Gewerkschaftsrat.
DGB
Die rund 45 Teilnehmer und Teilnehmerinnen konnten viel erfahren über die Arbeit der polnischen Arbeitsinspektion und dass die Werk- und Dienstleistungsverträge in Polen der Zivilgerichtsbarkeit und nicht der Arbeitsgerichtsbarkeit unterliegen. Dieses Thema wurde auch in der anschließenden Präsidiumssitzung noch aufgenommen und beschlossen, sich hiermit weiter zu beschäftigen. Von deutscher Seite sprach die ehemalige EGB-Sektretärin Claudia Menne über die Möglichkeiten, die Unternehmen nutzen, um Arbeitskräfte in einem Land anzustellen und in anderen Ländern einzusetzen. Hier zeigte sie auch die Möglichkeiten gewerkschaftlicher Kooperation auf, um dieser Form der Ausbeutung etwas entgegenzusetzen.
Der stellvertretende Hauptarbeitsinspektor Zbigniew Ryvka, Zdzisław Klim (stellvertretender Arbeitsinspektor in der Region Zielona Gora) und Anna Jaworska (Arbeitsrechtsexpertin von der Arbeitsinspektion) bereicherten mit ihren Beiträgen die Debatten. Gerade den deutschen Teilnehmern machten die Strukturen besser verständlich.
In ihren Grußworten betonten alle geladenen Gäste die Wichtigkeit der Zusammenarbeit im Grenzraum. Ein Europa mit gemeinsamen sozialen Standards muss unser Ziel sein, dies hob der Vize-Präsident Markus Schlimbach des Nachbar-IGR Oder-Neiße in seinem Grußwort hervor. Maciej Jankowski, Gründungsmitglied des IGR Viadrina, erinnerte an die Schwierigkeiten bei der Gründung und die Durchführung erster gemeinsamer Aktivitäten, da Polen damals noch nicht Mitglied der EU war.
Der Präsident des IGR Viadrina, Bogusław Motowidełko (NSZZ), hob in einem seiner Beiträge hervor, wie in seinem Land mit der großen Zahl an ukrainischen Arbeitnehmern umgegangen wird und dass die polnischen Gewerkschaften sie unterstützen. Sie dürften nicht in Polen ausgebeutet werden, ihnen stünde der gleiche Lohn für die gleiche Arbeit zu wie polnischen Arbeitnehmern.
Die Vize-Präsidentin des IGR Viadrina, Doro Zinke (DGB), wies auf die zahlreichen Beratungsstellen hin, die in Berlin und Brandenburg in den letzten gut zehn Jahren entstanden sind, um migrantische Arbeitnehmer über ihre Rechte aufzuklären. Leider sei es immer noch sehr schwer, einzelne Fälle vor Gericht zu bringen, da nur Gewerkschaftsmitglieder sich durch den Rechtsschutz der deutschen Gewerkschaften vor Gericht vertreten lassen können. Wer kein Mitglied einer DGB-Gewerkschaft ist, muss sich selbst vor Gericht vertreten oder einen privaten Anwalt beauftragen. Dies ist zumeist mit hohen Kosten verbunden und aus diesem Grund verzichten die meisten migrantische Arbeitnehmer darauf. Sie müssen weiter arbeiten und können es sich nicht leisten ohne Einkommen auf die Gerichtsverhandlung zu warten.