Deutscher Gewerkschaftsbund

PM 62/18 - 21.11.2018
„Industrie in der Stadt“

Berlins Hochschulen und Start-up-Kultur schaffen Potential für industrielle Entwicklung

Die Stärken des Standorts Berlin bieten gute Voraussetzungen dafür, industrielle Wertschöpfung und damit gut bezahlte, interessante Arbeitsplätze zu entwickeln. Die Digitalisierung könnte dazu beitragen und den Trend zur Industrie in der Stadt stärken. Diesen Schluss zog ein hochrangiges Podium aus der Studie „Industrie in der Stadt“, die von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, der Präsident der TU Berlin, Prof. Christian Thomsen, und Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg, diskutierten darüber, dass der weltweite Trend zur Urbanisierung und die herausragenden Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Stadt zugutekommen – wenn diese Vorteile politisch aufgegriffen werden.

Die Forscher Martin Gornig (DIW Berlin) und Ralf Löckener (Sustain Consult) hatten zuvor am Mittwoch ihre Befunde vorgestellt. In der Studie untersuchten sie, wie sich Industriebetriebe räumlich entwickeln und speziell, wie sich diese Entwicklung in den großen Städten gestaltet. In der Studie wird zusammenfassend von einer „Renaissance der Großstädte als Industriestandorte“ gesprochen, und besonders für Berlin hält die Studie ermutigende Feststellungen bereit. Sie verweist dabei u.a. auf die hohe Zahl von Hochschulabsolventen in MINT-Fächern und die herausragende Zahl an Gründungen im verarbeitenden Gewerbe.

 

Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg:

„Das langjährige Engagement für Industriepolitik war und ist richtig – das belegen die Ergebnisse der Studie „Industrie in der Stadt“. Ohne starke Industrie werden die Wirtschaftsleistung der Stadt und die Einkommen der Beschäftigten hinter der allgemeinen Kostenentwicklung zurückbleiben. Um die Stärken zu fördern, muss das Augenmerk auf die vorhandenen Betriebe gelegt werden. Die Nähe von Forschung, Entwicklung und Produktion ist dabei die beste Basis für eine nachhaltige Industrieentwicklung. Die aktuelle Entscheidung für den Siemens-Campus in Berlin bestätigt diese Feststellung. Ziel muss es sein, auch die Produktion in Berlin zu stärken, dafür sehen wir zwei Hauptanknüpfungspunkte: Bei der erfolgreichen Umsetzung von Digitalisierungskonzepten brauchen die kleineren Betriebe und ihre Betriebsräte Unterstützung. Große Industrieunternehmen haben ihr Engagement in Berlin verstärkt und siedeln hier Entwicklungseinheiten an, um die besonderen Potenziale der Stadt in Form von öffentlicher Forschung, gut ausgebildeten Hochschulabgängern und Startup-Kultur zu nutzen. Vielfach besteht aber nur wenig Bezug zu den eigenen Produktionswerken in der Stadt, innovativer Produkte werden dann in anderen Regionen hergestellt.“

 

Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin:

„In der Studie wird deutlich, dass für den Transformationsprozess in Berlin insbesondere die Industriebereiche Gesundheitswirtschaft, Energiewirtschaft und Mobilität eine wichtige Rolle spielen. Hier hat Berlin wegen der lebendigen Startup- und Wirtschaftslandschaft große Vorteile. Die Studie zeigt, dass wir die richtigen Grundlagen schaffen. Der Berliner Erfolg in der Industriepolitik ist ein direktes Ergebnis politischer Schwerpunktsetzung. Es hat sich gelohnt, gezielt zu investieren, um Synergieeffekte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft herzustellen. Das erzeugt großen ökonomischen Schwung in Berlin. Die Studie weist darüber hinaus auf die Problematik fehlender Flächen hin. Deshalb haben wir im Masterplan Industrie bereits konkrete Schritte vereinbart, um Flächen für die Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes vorzuhalten. Neben der systematischen Aktivierung eigener Flächenpotenziale, ist das Land bereit, im großen Stil nicht genutzte Flächen in Bundeseigentum zu erwerben. Die 600-Mio-Investition in den zukünftigen Siemenscampus zeigt, dass moderne Industrie in der Stadt Zukunft hat und wir werden die Ergebnisse der Studie in unsere weitere Arbeit zur Sicherung und zum Ausbau des Industriestandortes Berlin einfließen lassen.“

 

Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, sieht in der Transformation neue Chancen für die Städte: „Die Studie „Industrie in der Stadt“ zeigt, dass gerade die Städte vom Transformationsprozess der Industrie profitieren können. Die gute Infrastruktur der Städte mit ihren Forschungs- und Universitätseinrichtungen wird zum wichtigen Treiber bei Gestaltung der Arbeit von morgen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Städte ihre vielfältigen Potenziale nutzen, um Hoch- und Berufsschulen zu Weiterbildungszentren für die Beschäftigten zu machen. Zukunft für die Industrie gibt es nur mit gut qualifizierten Beschäftigten! Neben bestehenden Industriezentren bietet die Transformation den Metropolen wie Berlin oder den alten Industriestädten an Rhein und Ruhr neue Chancen zur industriellen Stärkung und Entwicklung.“

 

Professor Dr. Christian Thomsen, Präsident Technische Universität Berlin:

„Die Technische Universität Berlin trägt wesentlich zur nachhaltigen Entwicklung der Stadt Berlin als internationale Innovationsmetropole bei. Durch den Dreiklang aus Forschung auf Spitzenniveau, erstklassiger Lehre für eine sehr gute fachliche wissenschaftliche Ausbildung der Studierenden sowie unserem Beitrag zur Etablierung Berlins als Start-up-Stadt, nimmt die TU Berlin eine Führungsrolle im Innovations- und Technologietransfer ein. Der Erfolg direkter Universitätsausgründungen und die hohe Zahl strategischer Allianzen mit Unternehmen wird durch umfangreiche neue Forschungsförderung und extern eingeworbene Drittmittel bestätigt. Und das alles unter dem Leitbild der Universität, Wissenschaft und Technik zum Nutzen unserer Gesellschaft zu entwickeln – nicht nur, aber vor allem auch in Berlin.“

 

Hinweis: Die Studie „Industrie in der Stadt“ wird heute (Mittwoch) als DIW-Wochenbericht des DIW Berlin veröffentlicht und ist auf dessen Website abrufbar.


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