Die Arbeitsschutzbehörden in Berlin und Brandenburg sollen gegen prekäre Arbeitsbedingungen in der Paketzustellung vorgehen, fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund. „Wenn Händler mit kostenlosem und superschnellem Versand vor Weihnachten locken, darf das nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden“, sagt Christian Hoßbach, Vorsitzender des DGB Berlin-Brandenburg. Überlange Arbeitstage, fehlende Pausen und unbezahlte Überstunden
sind nach Gewerkschaftsinformationen an der Tagesordnung. 17.737 Menschen Beschäftigte in Berlin und 14.764 in Brandenburg arbeiten in der Branche.
„Es gibt klare gesetzliche Regelungen zu Höchstarbeitszeiten, auch Sonntagsarbeit ist grundsätzlich verboten, wenn es keine ausdrücklichen rechtlichen Ausnahmen gibt“, sagt Hoßbach. „Die Arbeitsschutzbehörden müssen gerade jetzt kontrollieren und die Einhaltung der Gesetze durchsetzen.“ Auch illegale Praktiken wie Scheinselbständigkeit und klare Fälle von Arbeitsausbeutung fielen in der Branche auf.
Kritik übt der Gewerkschaftsbund auch an den Einkommen in der Branche. „Durch Ausgliederung der Zustellung an Tochterfirmen, Subunternehmen und Werkverträge werden die Löhne gedrückt. Hier findet Tarifflucht in großem Stil statt“, kritisiert Hoßbach. Sogar der gesetzliche Mindestlohn werde immer wieder unterlaufen, indem die vorgesehene Arbeitszeit für die Auslieferung zu knapp bemessen und Mehrarbeit nicht bezahlt werde. „Bei Mindestlohnverstößen kann auch der Zoll tätig werden“, erläutert Hoßbach. Obwohl die Paketdienstleiter händeringend Personal suchen, würden die Einkommen nicht besser, sondern schlechter: „Laut Bundesarbeitsministerium sind die Löhne der Vollzeitbeschäftigten in der Branchen zwischen 2008 und 2016 um 14,5 Prozent gefallen“, sagt der Gewerkschafter. 31 Prozent der Beschäftigten verdienen im Niedriglohnbereich. Rund 10 Prozent seien befristet angestellt.
„Um Schmutzkonkurrenz und Lohndrückerei zurückzudrängen, muss die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifverträgen deutlich erleichtert werden“, fordert der DGB-Bezirksvorsitzende Hoßbach. Mit der AVE kann die Geltungskraft von Tarifverträgen auf Unternehmen und Beschäftigte einer Branche ausgeweitet werden, auch wenn diese nicht unmittelbar tarifgebunden sind. Eine restriktive Handhabung der neuen Regelungen durch das Bundesarbeitsministerium und das immer noch bestehende faktische Vetorecht der Arbeitgeber führen aber dazu, dass die Zahl der allgemeinverbindlichen Tarifverträge nicht zugenommen hat.
Zumindest ein Teil des Problems sei eine aggressive Werbung des Handels mit niedrigen Preisen und kostenloser Zustellung, meint DGB-Bezirkschef Hoßbach: „Kundinnen und Kunden müssen auch anerkennen, dass die Zustellung Arbeit ist, die bezahlt werden muss. Wenn etwas als kostenlos oder extrabillig angepriesen wird, um die Konkurrenz auszustechen, muss meist jemand anderes den Preis dafür zahlen – in diesem Fall die Beschäftigen in den Paketdiensten.“
Hintergrund und Quellen:
Die Zahl der Beschäftigten in Berlin und Brandenburg ist nach der Antwort der Bundesregierung auf die u.a. parlamentarische Anfrage zitiert. Stichtag der Erhebung ist der 30.06.2017.
Diese und weitere Zahlen zur Paketzustellung: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pascal Meiser, Klaus Ernst, Fabio De Masi, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/656 –
Arbeitsbedingungen bei Kurier-, Express- und Postdiensten sowie der Deutschen Post AG, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/011/1901119.pdf.
Erfahrungsbericht der Beratungsstelle Faire Mobilität zu Arbeitsbedingungen vom 09.05.2018: Ex und hopp: Prekäre Paketzustellung, http://www.faire-mobilitaet.de/++co++19f9ac6c-539b-11e8-ad21-52540088cada.
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